Ursachenzusammenhang

Nicht jeder nachgewiesene Beratungsfehler eines Steuerberaters führt zwangsläufig zu einem Schadensersatzanspruch des Mandanten. Erst wenn dem Mandant auch der Nachweis gelingt, dass der ihm entstandene Schaden ursächlich auf die fehlerhafte bzw. unterbliebene Beratung des Steuerberaters zurückzuführen ist, wird ein Gericht die Ersatzpflicht des Steuerberaters anerkennen.

In diesem Zusammenhang wird in Haftungsprozessen von Seiten der Steuerberater regelmäßig eingewendet, dass der geschädigte Steuerpflichtige selbst bei ordnungsgemäßer Beratung durch den Steuerberater dessen Rat nicht beherzigt hätte: Der Schaden wäre gewissermaßen „so oder so“ entstanden und sei damit nicht kompensationsfähig.

Die mit diesem Einwand des in Haftung genommenen Steuerberaters zusammenhängenden Fragen zählen zur sogenannten haftungsausfüllenden Kausalität.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gilt jedoch zu Gunsten des Steuerpflichtigen die Vermutung, dass dieser sich beratungsgerecht verhalten hätte, wenn er vom Steuerberater ordnungsgemäß beraten worden wäre. Diese Vermutung gilt jedoch nur, wenn nach der Lebenserfahrung eine bestimmte Entscheidung des Mandanten wahrscheinlich gewesen wäre. Beispiel: Hätte die pflichtgemäße Beratung des Steuerberaters dahin gehen müssen, von einer Betriebsaufgabe abzuraten, weil dadurch stille Reserven aufgedeckt werden würden, spricht die Lebenserfahrung dafür, dass der Steuerpflichtige sich an diesen Rat gehalten hätte, wenn keine steuerlichen Gründe für eine Betriebsaufgabe gesprochen haben (BGH Urteil vom 23.10.2003, Az.: IX ZR 249/02).

Im Haftpflichtprozess braucht also der geschädigte Steuerpflichtige zunächst lediglich darzulegen, dass bei vertragsgemäßer Beratung seines Steuerberaters ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte. Gelingt ihm dies, wird vermutet, dass er sich beratungsgerecht verhalten hätte – der Ursachenzusammenhang wäre bewiesen.

Im Gegenzug suchen die in Haftung genommenen Steuerberater in diesen Situationen dem Gericht klarzumachen, dass sich ihr ehemaliger Mandant atypisch verhalten hätte oder aber sie legen dar, dass dem ehemaligen Mandanten durchaus mehrere gleichwertige Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung standen, damit also nicht zwingend die ihnen vorgeworfene fehlerhafte Beratung für den vom Mandanten letztlich gewählten Weg ursächlich war.

Da es bei diesem Einwand letztlich um eine innere Tatsache geht – nämlich die Entscheidung des Mandanten bei ordnungsgemäßer Beratung – wird den Mandanten die Beweisführung insoweit erleichtert, dass die Gerichte verpflichtet sind, die Mandanten, obgleich Partei des Prozesses, zu diesem inneren Entscheidungsprozess anzuhören.

Festzustellen ist, dass aufgrund dieser Beweiserleichterung Schadensersatzansprüche eher selten an der haftungsausfüllenden Kausalität scheitern, gelingt es den geschädigten Steuerpflichtigen doch meist schlüssig darzulegen, weshalb sie – auch wenn ihnen mehrere Alternativen zur Verfügung standen – dem (unterbliebenen) Rat ihres Steuerberaters gefolgt wären.