Mitverschulden

Regelmäßig wird versucht, dem geschädigten Mandanten ein Mitverschulden an dem ihm entstandenen Schaden „anzuhängen“. Da die Beraterseite in nahezu jedem gerichtlichen Verfahren der Einwand des Mitverschuldens erhebt, drängt sich die Frage auf, wofür man eigentlich einen Steuerberater bezahlt, wenn man als Mandant – aus Sicht der Berater – ohnehin alles selbst wissen bzw. überprüfen sollte.

Die Gerichte haben indessen in einer ganzen Reihe von Entscheidungen dem Ausufern des Mitverschuldenseinwands einen Riegel vorgeschoben.

So ist es beispielsweise in der Rechtsprechung längst geklärt, dass es dem zu Beratenden regelmäßig nicht als mitwirkendes Verschulden vorgehalten werden kann, er hätte das, worüber ihn sein Berater hätte aufklären oder unterrichten sollen, bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe erkennen können (BGH Urteil vom 15.04.2010, Az.: IX ZR 189/09).

Selbst wenn der Mandant über steuerliche Kenntnisse verfügt (z.B. als GmbH-Geschäftsführer), so der Bundesgerichtshof, muss er darauf vertrauen können, dass der beauftragte Steuerberater die anstehenden steuerrechtlichen Fragen fehlerfrei bearbeitet, ohne dass eine Kontrolle notwendig ist (BGH Urteil vom 15.04.2010, Az.: IX ZR 189/09).

Typischerweise wird zu Ungunsten des geschädigten Mandanten von der Rechtsprechung ein Mitverschulden angenommen, wenn er den Steuerberater nicht vollständig über den maßgeblichen Sachverhalt unterrichtet hat. Allerdings kann ein solcher Fehler dem Mandanten nur dann zur Last gelegt werden, wenn der Steuerberater auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben vertrauen konnte und der Mandant wusste oder wissen musste, dass die erteilten Informationen unvollständig oder unzutreffend waren. Ein Mitverschulden des geschädigten Mandanten hat der BGH auch in einem Fall angenommen, in dem ein Steuerberater mehrere Jahre hintereinander keine Steuererklärungen für seinen Mandanten abgegeben hatte. In diesem Zusammenhang hat der BGH festgestellt, dass der Mandant das Tätigwerden seines steuerlichen Beraters wenigstens in einem gewissen Rahmen überwachen müsse (BGH Urteil vom 18.01.2001, Az.: IX ZR 223/99).

Bewiesen werden muss das Mitverschulden des Mandanten von demjenigen, der damit seine Schadensersatzpflicht beseitigen will, also vom Steuerberater. So muss der Steuerberater, der seinem Mandanten vorhält, er habe es schuldhaft unterlassen gegen einen Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung vorzugehen, nachweisen, dass ein Einspruch gegen den Strafbefehl erfolgreich gewesen wäre. Kann er dies nicht, kann er seinem Mandanten kein Mitverschulden anlasten (BGH Urteil vom 15.04.2010, Az.: IX ZR 189/09).