Inzidentprozess

Oftmals beginnt ein Haftpflichtprozess gegen einen Steuerberater, bevor der Finanzgerichtsprozess, in dem die Beratung des Steuerberaters auf dem Prüfstand steht, beendet ist. Die Haftpflichtprozesse werden meist begonnen, weil schon konkrete Anhaltspunkte für einen Beratungsfehler vorliegen und beim Abwarten des Abschlusses des finanzgerichtlichen Verfahrens mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater zu verjähren drohen.

In solchen Fällen, in denen im Haftpflichtprozess die Frage, ob dem Mandanten durch eine schuldhafte Pflichtverletzung seines Steuerberaters ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang eines anderen Prozesses, des so genannten Inzidentverfahrens, abhängt, muss das Regressgericht, das über die Schadensersatzpflicht des Steuerberaters zu entscheiden hat, selbst prüfen, wie jenes Verfahren – falls es abgeschlossen ist – richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre oder falls es nicht abgeschlossen ist – richtigerweise zu entscheiden wäre (BGH Urteil vom 06.07.2000, Az.: IX ZR 198/99). Es kommt nicht darauf an, wie das Finanzgericht den Inzidentprozess tatsächlich entscheidet.  Maßgeblich ist, wie nach Auffassung des für den Regressprozess zuständigen Zivilgerichts das Finanzgericht richtigerweise entscheiden  müsste. In der Praxis freilich setzen die Regeressgerichte oftmals die Verfahren aus und warten den Ausgang des Inzidentverfahrens vor dem Finanzgericht ab. Manchmal auch einigen sich der Anwalt des geschädigten Mandanten und die Vertretung des Steuerberaters darauf, den Haftungsprozess so lange ruhen zu lassen, bis das Finanzgericht entschieden hat. In solchen Fällen muss der Anwalt des geschädigten Mandanten ein besonderes Auge auf die mögliche Verjährung der Ansprüche gegen den Steuerberater haben und entsprechende Vorkehrungen treffen.